LEA RLP: EIN SCHLIMMES JAHR LIEGT HINTER UNS

MAINZ. Das Kita-System leistet noch immer nicht das, was Familien brauchen. Was Kindern, Eltern und Fachkräften 2023 zugemutet wurde, darf sich im kommenden Jahr auf keinen Fall fortsetzen.

Es gibt noch immer zu wenige Kita-Plätze. Spontane sowie langandauernde Kürzungen der Öffnungszeiten oder Schließungen ganzer Kita-Gruppen sind an der Tagesordnung. Und wenn Eltern das nicht kommentarlos hinnehmen und auf mögliche Lösungswege hinweisen, droht kurzerhand der Verlust der Betreuungsverträge für ihre Kinder. Statt der beabsichtigten Inklusion werden immer mehr Kinder, die aus der Reihe tanzen, aus Kitas ausgeschlossen. Verbriefte Elternrechte werden immer noch von zu vielen Akteurinnen und Akteuren als unverbindliche Verhaltensempfehlungen betrachtet, die selbstherrlich missachtet werden, wenn es bequemer ist.

Diese Zustände sind untragbar. Alle Verantwortlichen müssen umgehend handeln, um die Situation im Kita-System auf den Weg in die richtige Richtung zu bringen. Dazu müssen alle Kita-Akteurinnen und -Akteure Unannehmlichkeiten auf sich nehmen. Dass aber unsere Kinder weiterhin unter den Versäumnissen der Vergangenheit leiden, muss aufhören!

Einige Kommunen und Träger beweisen, dass die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für eine verlässliche und fördernde Kinderbetreuung möglich ist. Auch die Finanzspritze durch das Kita-Kraftpaket des Landes ist ein hilfreicher Schritt in die richtige Richtung. Aber das Kita-System braucht noch viele weitere Schritte – und zwar schnell. Kommunen müssen ihre Verantwortung wahrnehmen, den Kita-Ausbau vorantreiben und das Land muss sie dabei ausreichend finanziell unterstützen. Jugendämter müssen endlich darauf hinwirken, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die das KiTa-Gesetz im Rahmen der Personalausstattung der Kitas bietet.

Selbstgeschaffene Hürden wie die Beschränkung der Auszubildenden, der Verwaltungs- und Hauswirtschaftskräfte sowie bei der Beschaffung des für den Sozialraum benötigten Mehrpersonals müssen dringend abgebaut werden. Das Landesjugendamt muss hinreichend flexibel auf herausfordernde Situationen vor Ort eingehen und Lösungen im Sinne der Familien und Fachkräfte finden.

Aber allem voran sollte die Verantwortungsgemeinschaft gemeinsam Hindernisse und Blockaden aus dem Weg räumen, statt sich darüber zu streiten, wer diese geschaffen hat. Das Fazit der LEA-Vorsitzenden Karin Graeff: „Das kommende Jahr 2024 muss deutlich besser werden als das vergangene, denn Kindheit lässt sich nicht wiederholen. Dazu müssen wir alle schneller und lösungsorientierter werden – und wir müssen die Gesetze als verbindliche Grundlage für unsere Zusammenarbeit akzeptieren.“ (Quelle: Landeselternausschuss der Kitas Rheinland-Pfalz)

40 MILLIONEN EURO ZUSÄTZLICH FÜR KITAS IN RLP

Pünktlich zu Weihnachten hat die Landesregierung ein besonderes Geschenk für die Kitas in Rheinland-Pfalz bekannt gegeben: Ein Sonderprogramm für Baumaßnahmen der Kitas in Höhe von 40 Millionen Euro!

„Damit wir schneller mehr Betreuungsplätze schaffen können und Kindern und Erzieherinnen und Erziehern in Rheinland-Pfalz gute räumliche Bedingungen bieten können, unterstützen wir die Kommunen für 2023 und 2024 zusätzlich mit insgesamt 40 Millionen Euro für den Kita-Ausbau“, erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Bisher gab es beim Um-, An- oder Neubau einer Kita auch schon Förderungen durch das Land. Dies war allerdings damit verbunden, dass komplett neue Betreuungsplätze geschaffen wurden. Der Haken bei der Sache: Wurde eine Kita nur erweitert, um eine durchgängige Betreuung zu ermöglichen (z.B. durch Anbau von Schlaf- oder Essensräumen), gab es keine Landesförderung.

Das Sonderprogramm wurde nun dahingehend erweitert, dass auch Baumaßnahmen, die dem Platzerhalt dienen, förderfähig sind.

„Bei Baumaßnahmen gehe es dann um Platzerhalt, wenn zum Beispiel allen Kindern eine Übermittagsbetreuung angeboten werden soll und deshalb weitere Ess- und Ruheräume geschaffen werden“, erläuterte Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig. „Wir unterstützen die Kita-Träger dabei, allen Kindern und den Fachkräften, die in unseren Kitas arbeiten, ausreichend große, ausreichend gut ausgestattete Räume zu bieten. Sei es in Bezug auf die Essenssituation, Schlafräume, Rückzugsmöglichkeiten für die Kinder, aber auch für die Erwachsenen wie beispielsweise Pausenräume. Denn all das gehört zu einem guten Kita-Alltag dazu“, so die Ministerin.

Zusätzlich zur finanziellen Unterstützung wurde auch ein Online-Portal eingerichtet, auf welchem künftig zentral und umfassender als bisher über Möglichkeiten der Förderung sowie der Gestaltung von Kita-Räumlichkeiten aufgeklärt werden soll. Das Portal ist zu finden unter: www.kitabau.rlp.de 

Aus Sicht der Elternvertretungen ist dieses Vorgehen eindeutig zu begrüßen. Die Kritik in der öffentlichen Berichterstattung ist an der Stelle nicht nachvollziehbar. Natürlich ist dieser Betrag nicht ausreichend, um alle Sorgen des Kita-System über Nacht zu beenden. Aber das Land setzt damit ein deutliches Zeichen, nämlich dass die Priorität bei den Kitas liegt. Dieses Geld wäre sicher auch in ganz vielen anderen Bereichen wie Verkehr, Digitalisierung, Wohnraum, etc. gut investiert gewesen. Die Entscheidung fiel aber explizit auf die Kitas!

Zur Pressemeldung

ZU WENIGE PLÄTZE, KAUM BAUFORTSCHRITT, HÄUFIG NOTBETREUUNG, FACHKRÄFTE UNZUFRIEDEN

Mit insgesamt 861 Teilnehmern erfuhr die Umfrage des Kreiselternausschusses Südliche Weinstraße (KEA SÜW) zum aktuellen Stimmungsbild in den Kitas des Landkreises einen erfreulich hohen Zuspruch. Weniger erfreulich fallen allerdings die Ergebnisse zum Teil aus. Über die Hälfte der Eltern sowie mehr als ein Fünftel der Kita-Fachkräfte wissen nicht, ob es einen Maßnahmenplan in ihrer Einrichtung gibt oder kennen dessen Inhalte nicht. Der Maßnahmenplan regelt, wie und in welchem Umfang bei Personalausfall pädagogische Angebote ausfallen oder Betreuungszeiten reduziert werden müssen und kommt aktuell sehr häufig zum Tragen: Ungefähr 60 % der teilnehmenden Fachkräfte und Kita-Leitungen geben an, dass regelmäßig pädagogische Angebote ausfallen müssen. Spitzenreiter bei den Betreuungseinschränkungen sind die Einrichtungen der katholischen Kirche. Fast die Hälfte der Teilnehmer gibt an, dass es dort regelmäßig oder ständig zur Reduzierung der Öffnungszeit oder zur Notbetreuung kommt. In den meisten Fällen werden den Eltern diese Einschränkungen erst am Tag davor oder sogar erst morgens an der Kita-Tür mitgeteilt.

Deutlich erkennbar zeigt die Umfrageauswertung den Zusammenhang zwischen diesen sehr kurzfristigen Einschränkungen der Betreuungszeit und der Verfügbarkeit von Vertretungskräften. „Uns überrascht, dass Fachkräfte evangelischer Kitas 6-mal häufiger als ihre katholischen Kolleginnen mit „Ja“ auf die Frage antworten, ob ihnen ausreichend Vertretungskräfte zur Verfügung stehen“, bemerkt Christian Strecker, Vorsitzender des KEA SÜW. „Wir hätten erwartet, dass sich der Fachkräftemangel überall gleichermaßen auswirkt. Den Umfrageergebnissen und Kommentaren zufolge gibt es aber offensichtlich deutliche Unterschiede bei der Attraktivität als Arbeitgeber bei den Trägern.“

Der zu geringe Personalschlüssel und der Wegfall der Personalanteile für 2-jährige Kinder (U3) werden in den Kommentaren der Umfrage häufig bemängelt. Die Personalzuschläge für U3-Kinder sind allerdings nicht einfach weggefallen, sie wurden vielmehr mit den Anteilen Über-3-Jähriger (Ü3) zu einem „Durchschnittswert“ verrechnet. „Dieser Durchschnittswert mag zu gering ausfallen. Die Evaluation des Personalschlüssels dürfte aber sehr schwerfallen, solange Ausfälle durch Krankheit, Urlaub oder Fortbildung nicht – wie gesetzlich vorgeschrieben – angemessen kompensiert werden und die Kita-Teams permanent unterbesetzt arbeiten“, führt Strecker weiter aus.

Ebenfalls erschreckend gering fiel der Anteil der Teilnehmer aus, die das Platzangebot als ausreichend empfinden. Lediglich 12 % gaben an, ihre Kita verfüge über ausreichend Betreuungsplätze. Laut aktueller Bertelsmann-Studie ist die Lage im Bereich der Unter-3-jährigen hier besonders gravierend. Für den Landkreis SÜW wurde demzufolge ermittelt, dass für jedes dritte Kind mit Betreuungsbedarf kein Kita-Platz vorhanden wäre.

Hinzukommend zeigt sich das Voranschreiten der Kita-Erweiterungen oder Neubauten als sehr träge. In 89 % der abgegebenen Antworten wird der Baufortschritt mit „langsam“ bis hin zu völligem Stillstand bewertet.

Beim Betreuungsangebot zeigt sich zudem ein weiteres Defizit: Die angebotenen Betreuungszeiten sind für fast die Hälfte der teilnehmenden Eltern nicht ausreichend. Die Lücke in der Betreuung schließen fast ausschließlich Familie oder Freunde. Dieser Wert überrascht in negativer Hinsicht, gaben doch bei einer KEA-Umfrage 2022 „lediglich“ ein Viertel der Eltern an, kein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot erhalten zu haben.

Die Umfrageergebnisse in Bezug auf die allgemeine Zufriedenheit der Fachkräfte decken sich im Wesentlichen mit den Erkenntnissen der kürzlich veröffentlichten Studie des Kita-Fachkräfteverbands RLP. Die Rahmenbedingungen führen in den Einrichtungen zu hoher Arbeitsbelastung und Frustration. Durch die sehr umfangreiche Analyse des Fachkräfteverbands wurde nun auch transparent, wo im Detail die Überlastung begründet ist. Wenige dieser Umstände sind jedoch direkte Folgen des neuen Kita-Gesetzes, auch wenn der Titel der Studie das vermuten lässt.

„Es liegt auch in der Hand der Verantwortlichen vor Ort, wie sich die Situation in den Kitas weiterentwickelt. Das neue Gesetz lässt an vielen Stellen großen Handlungsspielraum zu. Jetzt gilt es, diesen im Sinne der Fachkräfte und der Kinder zu nutzen. Wenn bestehende Möglichkeiten weiterhin brachliegen bleiben, wird sich die Situation zunehmend verschlechtern!“, fällt das Fazit des KEA-Vorsitzenden aus.

Hier finden Sie die detaillierten Ergebnisse der Umfrage: