KITA-SOZIALARBEIT — EIN ERFAHRUNGSBERICHT

In 33 der 76 Kitas im Land­kreis SÜW ist sie ein Begriff — Die Kita-Sozi­al­ar­beit. Sie ist fes­ter Bestand­teil des Sozi­al­raum­bud­get-Kon­zepts, wel­ches mit dem neu­en Kita-Gesetz ein­ge­führt wur­de. Mehr als ein Drit­tel der über 2 Mil­lio­nen Euro jähr­lich wer­den in SÜW für die Kita-Sozi­al­ar­beit auf­ge­wen­det. Sie ist somit ein wich­ti­ger Bau­stein der Kin­der- und Jugend­hil­fe. Doch was steckt dahin­ter? Das vom Jugend­amt SÜW und den Trä­gern der Jugend- und Fami­li­en­be­ra­tungs­stel­len erar­bei­te­te Rah­men­kon­zept gibt einen Über­blick über Ange­bo­te und Leis­tun­gen. Doch wie kann die­ses Kon­zept vor Ort mit Leben gefüllt wer­den? Wir möch­ten mit die­sem Erfah­rungs­be­richt aus dem Krei­se der von der Sozi­al­ar­beit pro­fi­tie­ren­den Eltern einen klei­nen Ein­blick gewähren.


Ein Cof­fee-to-go-Stand an der Kita

Etwas über­rascht waren die Kita-Eltern der Pro­tes­tan­ti­schen Kin­der­ta­ges­stät­te Son­nen­strahl in Essin­gen, als sie an einem küh­len Mitt­woch­vor­mit­tag ihre Kin­der zur Bring­zeit in den Kin­der­gar­ten beglei­te­ten. Neben dem Haupt­ein­gang der Kita lud ein klei­ner, aber sehr geschmack­voll ein­ge­rich­te­ter Infor­ma­ti­ons­stand zum Ver­wei­len ein. Begrüßt wur­den die Eltern von Miri­am Wei­sen­bur­ger mit den freund­li­chen Wor­ten „Darf ich Sie auf einen Cof­fee to go einladen?“.

So erging es an die­sem Mor­gen auch mir, zwei­fa­che Mama aus Essin­gen und Eltern­aus­schuss­mit­glied der Kita Son­nen­strahl. Nach­dem ich mei­ne Toch­ter in ihre Kin­der­gar­ten­grup­pe gebracht hat­te, ließ ich mir drau­ßen am Cof­fee to go-Stand einen Becher war­men Kaf­fee ein­schen­ken und kam sogleich mit Frau Wei­sen­bur­ger ins Gespräch. Frau Wei­sen­bur­ger stell­te sich mir als neue Kita-Sozi­al­ar­bei­te­rin vor, die bereits seit dem neu­en Kita­jahr bei uns in der Ein­rich­tung tätig ist. Gehört und eben­falls über die Kita-Eltern-App gele­sen, hat­te ich bereits von unse­rer neu­en Kita-Sozi­al­ar­bei­te­rin; doch umso schö­ner fand ich es nun ein per­sön­li­ches Gesicht vor Augen zu haben.

Bei nähe­rer Betrach­tung des Infor­ma­ti­ons­stands befand sich neben der Kaf­fee­ma­schi­ne, die an die­sem Mor­gen für das lecke­re Heiß­ge­tränk gesorgt hat­te, noch ein Fly­er, der Frau Wei­sen­bur­gers Tätig­keits­feld näher beschrieb sowie eine Visi­ten­kar­te mit ihren Kon­takt­da­ten. Wie zu einem Kar­ten­spiel auf­ge­fä­chert, lagen zudem klei­ne Affir­ma­ti­ons­kar­ten zum Mit­neh­men aus und so griff auch ich nach einer Moti­va­ti­ons­kar­te, die mir schon beim ers­ten Vor­bei­lau­fen ins Auge gesprun­gen war.

An die­sem Mor­gen ent­schied ich mich dazu etwas län­ger am Haupt­ein­gang unse­rer Kita ste­hen zu blei­ben, denn mitt­ler­wei­le sind auch wei­te­re Eltern auf den Infor­ma­ti­ons­stand auf­merk­sam gewor­den und gesell­ten sich zu Frau Wei­sen­bur­ger und mir dazu. So lausch­te ich den Gesprä­chen am „Cof­fee-to go-Stand“ und hielt mit (mir bis­her noch frem­den) Eltern den ein oder ande­ren Smalltalk.

Zu Hau­se ange­kom­men, betrach­te­te ich die Affir­ma­ti­ons­kar­te genau­er, die eine ruhi­ge Natur­land­schaft mit zahl­rei­chen Ber­gen und einem sich durch Bäu­me hin­durch­schlän­geln­den Fluss dar­stell­te. Gegrif­fen hat­te ich zu die­ser Kar­te, da ich mich mit der Natur ver­bun­den füh­le und dort stets die nöti­ge Ruhe fin­de, aber auch neue Kraft und Ener­gie tan­ken kann.

Sogleich schoss es mir durch den Kopf: „Aber wie sieht es denn mit den Mama‘s und Papa‘s aus, die zur­zeit wenig Kraft und Ener­gie haben, viel­leicht an fami­liä­ren Ängs­ten und Sor­gen lei­den und nicht mehr wis­sen wohin mit ihrer Besorg­nis? Kann da die Kita-Sozi­al­ar­beit unter­stüt­zen und wenn ja, wie sehen die­se unter­stüt­zen­den Maß­nah­men genau aus?“

Da mir die­se Gedan­ken kei­ne Ruhe lie­ßen, ent­schied ich mich im Rah­men mei­ner ehren­amt­li­chen Tätig­keit als Eltern­aus­schuss­mit­glied Frau Wei­sen­bur­ger um einen gemein­sa­men Aus­tausch zu bitten.

Bereits eine Woche spä­ter tra­fen Frau Wei­sen­bur­ger und ich uns in der Kita Son­nen­strahl. Ich lob­te Frau Wei­sen­bur­ger für ihre tol­le Cof­fe-to go-Akti­on, berich­te­te ihr von den posi­ti­ven Rück­mel­dun­gen aus der Eltern­schaft und erzähl­te ihr von mei­nen vie­len Fra­gen. Begeis­tert war ich, dass Frau Wei­sen­bur­ger sich an die­sem Vor­mit­tag in einem 1 ½‑stündigen Inter­view die Zeit nahm, um auf alle mei­ne Fra­gen einzugehen.

Inter­view mit der Kita-Sozi­al­ar­bei­te­rin Miri­am Weisenburger

Frau Wei­sen­bur­ger, was ver­steht man unter der Kita-Sozi­al­ar­beit?
Die Kita-Sozi­al­ar­beit ist recht neu (seit 2021) und bei vie­len Eltern noch unbe­kannt. In Essin­gen wird die Kita Son­nen­strahl durch das Ange­bot der Kita-Sozi­al­ar­beit erwei­tert, die ein wesent­li­cher Bau­stein in der Umset­zung des Sozi­al­raum­bud­gets im Land­kreis Süd­li­che Wein­stra­ße ist. Die Kita-Sozi­al­ar­beit ist an die Jugend- und Fami­li­en­be­ra­tungs­stel­le in Herx­heim ange­bun­den und wird regel­mä­ßig vor Ort in der Kita ange­bo­ten.
Grund­ge­dan­ke der Kita-Sozi­al­ar­beit ist: „Alle Kin­der sol­len von Anfang an die glei­chen Ent­wick­lungs­chan­cen bekom­men.“ Das heißt, die Hil­fe soll nicht nur früh­zei­tig direkt beim Kind ankom­men, son­dern durch die wert­vol­le Zusam­men­ar­beit mit Kita und Fami­lie das gesam­te Sys­tem rund ums Kind ent­las­ten.
Kita-Sozi­al­ar­beit kann von allen Fami­li­en kos­ten­los und unver­bind­lich genutzt wer­den. Sie dient als ers­ter Ansprech­part­ner bei allen Fra­gen oder Anlie­gen, die in Fami­li­en auf­kom­men können.

Wel­che Mög­lich­kei­ten bie­tet die Kita-Sozi­al­ar­beit?
Sie bie­tet zum Bei­spiel die Mög­lich­keit, auf ein­fa­chem Weg mög­li­che Erzie­hungs­fra­gen zu klä­ren oder sich Rat in beson­ders belas­ten­den Situa­tio­nen zu holen. Die exter­ne Fach­kraft kann Tipps, Anre­gun­gen oder gar Hil­fe­stel­lung geben und bei Bedarf auch an wei­te­re Hil­fe­sys­te­me ver­mit­teln. Dies kann ganz indi­vi­du­ell im Ein­zel­ge­spräch mit der Fach­kraft oder, soweit erwünscht und sinn­voll, in Zusam­men­ar­beit mit der Kita erfol­gen. Die Eltern kön­nen sich ent­we­der direkt an ihre Kita-Sozi­al­ar­beit wen­den oder über ihre Kita den Kon­takt auf­bau­en.
Grund­sätz­lich wird eine enge koope­rie­ren­de Zusam­men­ar­beit mit den jewei­li­gen Kita-Teams ange­strebt, um ergän­zen­des Fach­wis­sen und beson­de­re Ange­bo­te in den Kita-All­tag einzubringen.

Unter­liegt das gemein­sa­me Gespräch, dass die Eltern mit der Kita-Sozi­al­ar­beit füh­ren einer Schwei­ge­pflicht?
Ja, die Kita-Sozi­al­ar­beit unter­liegt der Schwei­ge­pflicht, sodass Gesprä­che ver­trau­lich blei­ben und die Inhal­te nur bei Bedarf sowie nach Rück­spra­che und Geneh­mi­gung von den Eltern wei­ter­ge­ge­ben werden.

Wie genau sieht Ihre Arbeit in der Kita Essin­gen aus?
In der Kita Son­nen­strahl in Essin­gen bin ich ein­mal pro Woche vor Ort. Um ein Gespür vom Kita-All­tag zu bekom­men, bin ich regel­mä­ßig in den ein­zel­nen Grup­pen zu Besuch. Die­se Gele­gen­heit nut­ze ich gern, um den Spiel­auf­for­de­run­gen der Kin­der nach­zu­kom­men oder ihnen etwas vor­zu­le­sen.
Mir ist der Bezie­hungs­auf­bau zu den Kin­dern und ihren Fami­li­en, aber auch dem Team der Kita sehr wich­tig, daher neh­me ich mir genug Zeit, um fle­xi­bel auf die Bedürf­nis­se ein­ge­hen zu kön­nen.
Ange­bo­te wie der Cof­fee-to-go-Stand vor der Kita zur Bring­zeit bie­te ich ger­ne an, um mit Eltern in Kon­takt zu kom­men. Außer­dem ver­su­che ich an Ter­mi­nen, wie den Eltern­aus­schuss­sit­zun­gen, dem Som­mer­fest der Kita oder an Eltern­aben­den vor Ort zu sein, um eben­falls die Mög­lich­keit zu geben, mich per­sön­lich anzu­spre­chen. Mir ist es wich­tig, dass die Eltern­schaft auch ein Gesicht zu mir hat und mich sehen und wahr­neh­men kann.  

Über wel­che Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­ge sind Sie für die Eltern als Kita-Sozi­al­ar­bei­te­rin erreich­bar?
In der Bring- und auch Abhol­zeit ste­he ich für die Eltern zur Ver­fü­gung, sodass sie mich direkt und per­sön­lich anspre­chen kön­nen, um zum Bei­spiel Ter­mi­ne für einen ers­ten Aus­tausch oder eine Bera­tung zu ver­ein­ba­ren. Alter­na­tiv kön­nen die Eltern mich auch per Mail oder tele­fo­nisch errei­chen. Die Kon­takt­da­ten ste­hen auf mei­nem Fly­er, der im Ein­gangs­be­reich der Kita aus­hängt und auch in der Kita-App geteilt wurde.

Zum Abschluss: Wel­che Chan­cen bie­tet in Ihren Augen die Kita-Sozi­al­ar­beit für Fami­li­en?
Die Arbeit als Kita-Sozi­al­ar­bei­te­rin sehe ich als Mög­lich­keit, gesamt­ge­sell­schaft­lich mit­zu­wir­ken und Fami­li­en in ihrer Lebens­welt zu unter­stüt­zen. Ich möch­te, dass Fami­li­en mit ihren Anlie­gen gese­hen wer­den und sie die Hil­fe und Unter­stüt­zung bekom­men, die sie brau­chen. Manch­mal bedeu­tet das, ein­fach nur da zu sein und zuzu­hö­ren, manch­mal eine Beglei­tung zu Behör­den, Ver­mitt­lung zu Insti­tu­tio­nen oder die Ver­net­zung in den Sozi­al­raum. Es ist immer indi­vi­du­ell und auf die Situa­ti­on der Fami­lie ange­passt, mit Blick auf das Kind.

Ver­fasst von Yvonne Horn, Essingen


Wir bedan­ken uns bei Yvonne Horn (Eltern­aus­schuss Essin­gen) und Miri­am Wei­sen­bur­ger (AGFJ) für die­sen Beitrag!

Ihr habt auch Erfah­rungs­be­rich­te rund um das The­ma Kita? Kommt ger­ne auf uns zu!

Über­sicht Jugend- und Fami­li­en­be­ra­tungs­stel­len. Gra­fik: KV SÜW