BILDUNGSMINISTERIUM STELLT KLAR: KITA-PLATZ MIT DURCHGÄNGIGER BETREUUNG STEHT DEN FAMILIEN ZU

In den vergangenen Wochen waren viele Eltern in der Südpfalz verunsichert. Grund hierfür war die Berichterstattung über eine Familie aus Hatzenbühl, die versucht hatte, sich einen Kita-Platz ohne Unterbrechung am Mittag einzuklagen. Der Familie wurde der „Ganztagesplatz“ gekündigt, als die Mutter wegen der Geburt des Geschwisterkindes in Elternzeit ging. Das Verwaltungsgericht Neustadt wies die Klage ab und formulierte in seiner Urteilsbegründung, dass „kein kapazitätsunabhängiger Verschaffungsanspruch auf einen durchgängigen Betreuungsplatz“ bestünde.
https://www.rheinpfalz.de/lokal/kreis-germersheim_artikel,-streit-um-kita-platz-familie-mit-klage-gescheitert-_arid,5653291.html

Diese Formulierung im Zusammenhang mit der abgewiesenen Klage lies den juristischen Laien vermuten, dass die Kinder nun doch keinen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz mit durchgängiger Betreuung haben könnten. Das Bildungsministerium stellt nun klar, dass das Gesetz eindeutig eine Betreuung mit mindestens sieben Stunden durchgängig ohne „Mittagspause“ vorsieht und ein Kita-Platz mit Unterbrechung am Mittag grundsätzlich nicht rechtsanspruchserfüllend sei. Dies stelle auch das genannte Urteil nicht in Frage.
https://www.rheinpfalz.de/lokal/kreis-germersheim_artikel,-kita-urteil-verunsichert-eltern-ministerium-%C3%A4u%C3%9Fert-sich-_arid,5662928.html

Wieso wurde die Klage abgewiesen?
Die Entscheidung, die Klage abzuweisen, war juristisch dennoch richtig. Sie richtete sich nämlich gegen den Träger der Kita, in der die Kinder der Familie betreut werden und die den Platz gekündigt hatte. Verantwortlich für die Erfüllung des Rechtsanspruchs ist allerdings das Jugendamt, nicht die Kita oder der Träger. Es wurde also an der falschen Stelle versucht, den Rechtsanspruch geltend zu machen.

Hieraus wird für Kita-Eltern deutlich, wie wichtig es ist, ihren Bedarf auch dem Jugendamt zu melden. Dieses ist dafür zuständig, dass den Familien ein bedarfsgerechtes Platzangebot gemacht wird und dann verantwortlich dafür, dass eine Lösung gefunden wird. Es kann kein Kita-Platz spontan geschaffen werden (dies ist mit „kapazitätsunabhängiger Verschaffungsanspruch“ gemeint), aber das könnte zum Beispiel der Wechsel in eine andere Kita oder die Tagespflege sein. Kann kein Platz in zumutbarer Entfernung angeboten werden, können die Eltern rechtliche Schritte einleiten. Die Beratung durch einen auf Kita-Recht spezialisierten Anwalt ist dabei dringend zu empfehlen.
Dabei ist es im übrigen unerheblich, ob gar kein Platz zur Verfügung steht oder er hinsichtlich der Betreuungsdauer nicht ausreichend ist. Auch wenn man wegen des Nachwuchses in Elternzeit geht, besteht weiterhin der Rechtsanspruch auf einen durchgängigen Betreuungsplatz für das ältere Kind. Dieser ist nämlich völlig unabhängig von der beruflichen Situation der Eltern!

Dürften also keine Teilzeitplätze mehr existieren?
Ja und nein. Grundsätzlich müssen die Kitas so ausgebaut sein, dass für alle Kinder eine Betreuung über Mittag ermöglicht werden kann. Dabei gibt es auch keine Übergangsfrist bis 2028! Der Rechtsanspruch auf durchgängige Betreuung besteht bereits seit 2021. Lediglich für die Mittagsverpflegung wurde die Übergangsfrist bis 2028 eingerichtet. Das bedeutet, dass allen Kindern ein „Ganztagesplatz“ zur Verfügung stehen muss. Lediglich für das warme Mittagessen dürfen bis 2028 noch alternative Lösungen wie z.B. ein Lunchpaket genutzt werden.
Plätze mit Unterbrechung am Mittag können aber dennoch bewusst und trotz bestehender Möglichkeit für eine unterbrechungsfreie Betreuung eingerichtet werden, wenn dies dem Bedarf der Eltern entspricht. Wenn die Eltern ihre Kinder über Mittag zuhause oder beispielsweise bei den Großeltern versorgen wollen, ist es völlig legitim und rechtlich möglich, solche Plätze in einer Kita einzurichten.

Im Kreis SÜW werden hierzu jährliche Bedarfsabfragen durchgeführt. Das Jugendamt ermittelt die Betreuungswünsche der Eltern und versucht in einem aufwändigen Planungsprozess diese auch zu erfüllen. Hierbei ist den Eltern zu empfehlen, ihre tatsächlichen Bedarfe dort anzugeben. Auch unterjährige Veränderungen sollten dort transparent gemacht werden, damit geprüft werden kann, ob ihnen gegebenenfalls entsprochen werden kann. Zu empfehlen ist insbesondere auch, dass man seinen Nachwuchs, der in Zukunft eine Kita besuchen soll, rechtzeitig anmeldet – in der Wunsch-Kita und auch beim Jugendamt, sofern in der Kita kein Platz zugesichert werden kann.

ERLÄUTERUNGEN ZUM KITA-GESETZ

Gesetze und Verordnungen sind oft nicht eindeutig formuliert, insbesondere dann, wenn Sie einen möglichst großen Handlungsspielraum für die Verantwortlichen vor offen lassen sollen. Im neuen KiTa-Gesetz bestehen an vielen Stellen Handlungsspielräume. Dies führt allerdings auch immer wieder dazu, dass offen formulierte Vorgaben fehlinterpretiert werden.

Das Landesjugendamt hat daher nun eine Arbeitshilfe veröffentlicht, in welcher häufige Fragen aus der Kita-Praxis aufgegriffen und erläutert werden. Thematisiert werden u.a. Öffnungs-/Betreuungszeiten, Personalisierung sowie Finanzierungs- und Verwaltungsfragen

Diese Erläuterungen sollen fortgeführt und erweitert werden, um wesentliche Fragestellungen in einem Dokument zusammengefasst für alle Beteiligten des Kita-Systems zur Verfügung zu stellen.

Wir informieren darüber, sobald es ein Update der Unterlage gibt, Bis dahin kann das aktuelle Dokument hier heruntergeladen werden:

TRÄGERQUALITÄT = TRÄGERVERANTWORTUNG!


Das Kita-System ist komplex – rechtlich sowie inhaltlich. Eine Kita zu führen ist kein Selbstläufer. Auch wenn eine engagierte Leitung und ein motiviertes Team einen großen Einfluss haben, ist der Träger der entscheidende Faktor, wenn es um die Qualität einer Kita geht. Professionelle Trägerstrukturen sind in vielerlei Hinsicht erforderlich, um einen funktionierenden Betrieb zu ermöglichen. Dabei sind viele unterschiedliche Themengebiete von enormer Bedeutung. Hierzu zählen z.B.:

  • Pädagogische Konzeption
  • Personalmanagement
  • Ausbildung
  • Finanzierung
  • Qualitätsmanagement
  • Betriebserlaubnis
  • Bedarfsplanung
  • Gesetzliche und rechtliche Vorgaben
  • Sicherheit & Arbeitsschutz
  • Gebäudemanagement
  • Kindeswohl
  • Aufsichtspflicht
  • Weiterqualifizierung (eigene sowie des Personal)
  • Elternmitwirkung
  • uvm.

Die Vielfalt und Komplexität dieser Themen stellt Kita-Träger vor große Herausforderungen. Einige Träger, insbesondere kommunaler Kitas (in der Regel ehrenamtliche Bürgermeister), fühlen sich durch diese große Verantwortung teilweise zurecht überfordert.

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat in seiner jüngsten Veröffentlichung nun konkrete Empfehlungen zum Thema Trägerqualität formuliert, die den Verantwortlichen als Hilfestellung dienen soll. Die Empfehlungen richten sich in erster Linie an Träger von Kindertageseinrichtungen und ihre geschäftsführenden, verantwortlichen Personen und Gremien, Fachberatungen und verantwortliche Geschäftsbereiche, Kita-Leitungen, Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und der Kommunen (Bürgermeister oder Kommunalverwaltungen, Jugendämter) sowie an die Vertreter der mit diesem Thema befassten Bundes- und Länderministerien und ihrer Behörden. Aber auch für Elternvertretungen lohnt es sich mit dem Thema zu befassen und sich Kenntnis darüber anzueignen, was die Aufgaben eines Kita-Trägers sind und wie diese konkret ausgestaltet sein können.

Aus Sicht der Elternvertretungen ist aufgrund der sehr hohen Anforderungen an Kita-Träger der Aufbau einer professionellen Trägerorganisation der kommunalen Kitas in Zweckverbänden oder auf Ebene der Verbandsgemeinden empfehlenswert!

Zur Homepage des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V.