Kreiselternausschuss SÜW kritisiert ablehnende Haltung gegenüber Kita-Ausbau in Gossersweiler-Stein

Im Artikel „Überschuldung wegen Kita befürchtet“ („Die Rheinpfalz“ vom 28.6.2022) wird darüber berichtet, dass sich die Ortsgemeinden Gossersweiler-Stein und Völkersweiler die Frage stellen, ob das Kita-Zukunftsgesetz umgesetzt werden müsse. Der Kreiselternausschuss Südliche Weinstraße kritisiert diese Haltung ausdrücklich.

Das Wort „Kindertagesstätten-Zukunftsgesetz“ beinhaltet gleich mehrere Aspekte, die in der Meinungsbildung der örtlichen Gremien offensichtlich keine ausreichende Berücksichtigung fanden.

Die ersten beiden Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden: Kinder und Zukunft. Jede Investition in die nachfolgende Generation ist auch gleichzeitig eine Investition in die Zukunft der Gesellschaft, in die Zukunft einer Gemeinde. Jungen Leuten eine Heimat bieten, sei das Anliegen der Ortschaften. Auch hinsichtlich mangelnder Bauplätze kein einfaches Unterfangen. Mit jungen Leuten kommen Kinder ins Dorf. Was aber bieten die Gemeinden den jungen Eltern, die beide berufstätig sind und keine Großeltern als Ersatz für den Rechtsanspruch im Ort haben? Wo sollen Kinder betreut werden, wenn bei aktuellem Vorhaben von den momentan möglichen 90 Plätzen noch 55 übrigbleiben werden? Nichts anderes bedeutet nämlich die Aussage, das Landesjugendamt werde nur noch für die Anzahl an Kindern eine Betriebserlaubnis erteilen, für die eine Betreuung über Mittag samt einer Verpflegung gewährleistet ist. Wie zukunftsträchtig ist eine Politik, die die Beleuchtung eines Fahrradweges höher priorisiert als eine für Kinder und Familien zukunftsfähige Kindertagesstätte? Auch viele andere Gemeinden im Landkreis sind ländlich geprägt. Genau genommen sind rund zwei Drittel der Kitas im Landkreis kleiner als die in Gossersweiler-Stein. Viele dieser kleinen Gemeinden stecken in ähnlicher Situation, nicht alle verfügen überhaupt über ein einnahmenbringendes Gewerbegebiet. Dennoch gibt es zahlreiche Beispiele, in denen die Verantwortlichen die Notwendigkeit des Kita-Ausbaus erkannt haben, einige wenige sogar schon 2019, als das neue Kita-Gesetz verabschiedet wurde. Und ja, viele Kinder werden durch ihre Großeltern betreut. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, in wie vielen Fällen dies Wunsch der Eltern und Großeltern ist und in wie vielen Fällen es schlicht eine Notwendigkeit ist, um Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können. Nicht die Großeltern sind in der Pflicht, die Betreuung der Kinder zu gewährleisten, sondern die Kommunen. Ein „interne Umfrage“, wie auch immer diese gestaltet war, kann niemals ein geeignetes Instrument zur Ermittlung der zukünftigen Betreuungsbedarfe sein. Sie bietet lediglich eine Momentaufnahme. Auch wenn diese Umfrage zeigt, dass die Anzahl der rechtsanspruchserfüllenden Plätze momentan ausreichend ist, kann sich dies jederzeit ändern. In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen wird ein erhöhter Betreuungsbedarf schneller entstehen, als allen Beteiligten lieb sein dürfte. Steigende Lebenshaltungskosten müssen viele Eltern jetzt schon durch Erhöhung der Arbeitszeit kompensieren. Betroffen davon sind hauptsächlich die Mütter, die in Teilzeit arbeiten und nun ihre Stundenanzahl aufstocken. Dies wird zwangsläufig zu einer höheren Nachfrage an Ganztagesplätzen führen.

Den dritten Aspekt stellt das Gesetz dar. Diese Frage ist deutlich einfacher zu beantworten als die Frage nach der Notwendigkeit einer zukunftsfähigen Kindertagesstätte und deren Rolle in der Entwicklung kleiner, ländlicher Gemeinden: „Muss das Gesetz umgesetzt werden?“ Definitiv ja, denn schließlich sind Gesetze genau dafür da und sie gelten auch für jeden gleichermaßen.


Die Online-Version des Artikels „Überschuldung wegen Kita befürchtet“ („Die Rheinpfalz“ vom 28.6.2022) ist unter anderem Titel hier zu finden:

Ortschefs sehen keinen Bedarf, das Kita-Gesetz umzusetzen – Gossersweiler-Stein/Völkersweiler – DIE RHEINPFALZ

Rückblick: Infoveranstaltung zum Thema „Bedarfsgerechter Kita-Platz“

Am 21. Juni veranstaltete der Kreiselternausschuss Südliche Weinstraße (KEA SÜW) einen Online-Infoabend zum Thema „Bedarfsgerechter Kita-Platz“. Der Veranstaltung vorausgegangen war eine Eltern-Umfrage zur Betreuungssituation der Kinder in SÜW, deren Ergebnisse an diesem Abend auch vorgestellt wurden. An der zweieinhalbstündigen Veranstaltung nahmen unter anderem auch Elternvertreter der Landes- und Bundesebene teil. Christian Strecker (Vorsitzender KEA SÜW) stellte die Ergebnisse der Umfrage vor. Die Referentin Karin Graeff (Vorsitzende des Landeselternausschusses RLP) erläuterte dann anhand der konkreten Beispiele, wie die individuellen Bedürfnisse der Familien ermittelt werden und in die Bedarfsplanung einfließen. Ein Viertel der über 430Teilnehmer hatte bei der Umfrage angegeben, dass die aktuelle Betreuungssituation nicht ihren tatsächlichen Bedarf abdeckt. „Es gibt einige Faktoren, die in Summe zu so einem hohen Anteil führen können. Hierzu zählen neben der oftmals missinterpretierten sogenannten „18er-Regel“, die dadurch wegfallende Betreuung in den Randzeiten, der unzureichende Ausbau der Ganztagesplätze aber auch der momentan akute Fachkräftemangel“ so Karin Graeff. Diese Umstände zwängen die Verantwortlichen in einen Zustand der Mangelverwaltung. Christian Strecker ergänzt, es sei auch entscheidend, dass die Bedarfe der Eltern dem Jugendamt vorlägen. Das Jugendamt SÜW führe eine sehr umfangreiche und umfassende Bedarfsermittlung durch. Es würden beispielsweise alle Eltern der Kita-Kinder über die jeweiligen Einrichtungen zu ihrem individuellen Betreuungsbedarf befragt. Dies sei nicht selbstverständlich, wie Beispiele aus anderen Landkreisen zeigten. Berücksichtigung könnten nur Bedarfe finden, die auch bekannt seien. Daher sei auch insbesondere Eltern, die einen Betreuungsbedarf für Einjährige (U2-Kinder) hätten, angeraten ihren Bedarf gegenüber dem Jugendamt transparent zu machen.

Eine weitere Erkenntnis der Umfrage ist, dass die Partizipation der Eltern am gesamten Prozess der Bedarfsplanung noch ausbaufähig ist. „Im Idealfall werden die Eltern und Elternvertreter schon in die Definition des Bedarfsermittlungsverfahrens einbezogen. Dies ist begründet durch das Anhörungsrecht und auch im Sinne des Gedankens der Verantwortungsgemeinschaft.“ betonte Karin Graeff. Auch an dieser Stelle sei der Landkreis SÜW ein positives Beispiel. „Das Jugendamt begrüßt ausdrücklich, dass ein Vertreter des Elternausschusses an den Bedarfsplanungsgesprächen, die mit jeder Kita einzeln durchgeführt werden, teilnehmen darf. Leider ist diese Information offensichtlich nicht zu allen Elternausschüssen vorgedrungen.“, so Christian Strecker. Repräsentativ sei die Umfrage nicht, allerdings könne man durch die vielen Rückmeldungen doch schon ein grobes Stimmungsbild ableiten. Und dieses zeige, dass an einigen Stellen des Kita-Systems noch Handlungsbedarf für die Verantwortungsgemeinschaft aus Eltern, Kita und Trägern besteht – auf örtlicher als auch auf überörtlicher Ebene.  

LEA kritisiert angekündigte Betreuungseinschränkungen durch Tarifeinigung für kommunale Kitas

Mainz 22.6.2022 – Der Landeselternausschuss der Kitas in RLP hat Äußerungen des Geschäftsführers der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Wolfgang Spree scharf kritisiert. Spree hatte in der Presse angekündigt, dass die neu vereinbarten „Entlastungstage“ für die Fachkräfte zu einer reduzierten Präsenz der Fachkräfte in den Einrichtungen führen werden und deshalb auch zusätzliche Schließtage in den Kindertagesstätten nach sich ziehen können.

LEA-Vorsitzende Karin Graeff weist diese Sichtweise entschieden zurück: „Diese Vorstellungen der Kommunen sind ein familienpolitischer Albtraum. Weitere Schließtage oder Betreuungseinschränkungen sind für Kinder und Eltern schlichtweg nicht mehr tragbar. In vielen Kitas wird die Betreuung aufgrund von Personalmangel ohnehin bereits jetzt regelmäßig eingeschränkt. Es besteht ein Rechtsanspruch auf eine bedarfsgerechte und zuverlässige Kita-Betreuung – und wir erwarten, dass die Kommunen diese Pflichtaufgabe endlich anständig erledigen.“

Da in den rheinland-pfälzischen Kitas eine Mindestpersonalisierung vorgeschrieben ist, muss durch zusätzliche freie Tage für die Fachkräfte ein Personalausgleich durch Vertretungspools oder Mehrpersonal geschaffen werden, wenn nicht weitere Schließungen der Kitas oder automatische Betreuungskürzung durch den sogenannten „Maßnahmenplan“ stattfinden sollen.

„Anstatt die Fachkräfte anständig zu bezahlen und die Rahmenbedingungen zu verbessern, haben die kommunalen Arbeitgeber lieber zusätzliche Urlaubstage gewährt. Und jetzt wird klar, dass die Kommunen diese Urlaubstage gar nicht ausgleichen wollen, sondern ein illegales Sparprogramm auf Kosten der Betreuung unserer Kinder geplant ist. Der Fachkräftemangel war den Tarifparteien bekannt. Ohne Mehrpersonal wurde uns von den Tarifparteien sehenden Auges eine Suppe eingebrockt, die jetzt unsere Kinder auslöffeln sollen.“, so LEA-Vorsitzende Karin Graeff.

Die Kita-Kinder und deren Familien haben in der Corona-Zeit gelitten wie kaum eine andere Gruppe in der Bevölkerung. Es ist daher einfach unanständig, jetzt wieder auf ihre Kosten sparen zu wollen. Die Träger haben diese Vereinbarung sehenden Auges abgeschlossen, daher müssen sie jetzt auch Lösungen finden, die nicht auf Kosten des Rechtsanspruchs auf Betreuung gehen.

Der LEA unterstützt eine Entlastung der Fachkräfte in Rheinland-Pfalz, aber Eltern und insbesondere Kinder dürfen nicht die Leidtragenden sein.

„Mehrpersonal oder Vertretungspools sind jetzt die uneingeschränkte Verpflichtung der Träger. Die freien Tage dürfen zu keinem einzigen zusätzlichen Schließtag in irgendeiner Kita führen“, erläutert LEA-Vorsitzende Graeff die Erwartungen der Eltern. „Mit unserem Konzept für pragmatische Lösungen auch in Zeiten des Fachkräftemangels hat der LEA RLP einen Handlungsrahmen vorgestellt, wie das auch in der derzeitigen Arbeitsmarktsituation möglich ist. Das muss jetzt umgesetzt werden, auch wenn es Geld kostet. Dazu sind die Kommunen verpflichtet, und wir werden diese Verpflichtung vor Ort konsequent einfordern, wenn jemand unsere Kinder zu seinem persönlichen Sparschwein machen möchte“

Hintergrundinformationen:
Der Landeselternausschuss (LEA) RLP ist die gewählte gesetzliche Landesvertretung der Elternausschüsse der über 2600 rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten nach § 13 KiTaG RLP.
Die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder Karin Graeff (Vorsitzende), Benjamin Stihler (Stv. Vorsitzender), Gordon Amuser, Katharina Blahnik, Ines Friedla, Mandy Horn, Julia Seidl, Dr. Julia Stock, Dr. Asif Stöckel-Karim sowie Sylvie Tokarczyk (Beisitzer*innen) sind damit die Vertretung der über 200.000 rheinland-pfälzischen Kita-Eltern.

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