LEA weist AfD-Forderung nach „Herdprämie“ scharf zurück

Der Lan­des­el­tern­aus­schuss der Kitas in RLP (LEA) hat den Vor­schlag der AfD-Frak­ti­on in der Land­tags­sit­zung am 06.07.2022, eine „quan­ti­ta­ti­ve Ent­las­tung“ des Kita-Sys­tems anzu­stre­ben, indem Fami­li­en Geld bezahlt wird, damit sie ihre Kin­der nicht in die Kita geben, scharf kritisiert.

„Es kann nicht sein, dass eine Ent­las­tung der Kitas durch eine Belas­tung der Fami­li­en erreicht wer­den soll“, empört sich Karin Graeff, Vor­sit­zen­de des Lan­des­el­tern­aus­schus­ses. Die gan­ze Gesell­schaft sei für ihren Nach­wuchs ver­ant­wort­lich. Daher müs­sen Land, Kom­mu­nen, Trä­ger, Fach­kräf­te und Eltern gemein­sam nach Lösun­gen für die Her­aus­for­de­run­gen die­ser Zeit suchen. „Und die Lösung darf nicht dar­in bestehen, dass wir die Frau­en wie­der an den Herd schi­cken! Es kann nicht sein, dass die AfD den Fach­kräf­te­man­gel in Kitas instru­men­ta­li­siert, um längst über­kom­me­ne Rol­len­bil­der zu reak­ti­vie­ren. Genau das tut sie, wenn sie offen­bar die Haus­frau mit den Kin­dern am Rock­zip­fel vor Augen hat.“

Es sei abso­lut wider­sin­nig in einer Zeit, wo an allen Ecken Fach­kräf­te feh­len und des­halb extra Arbeit­neh­mer im Aus­land ange­wor­ben wer­den sol­len, an der ver­läss­li­chen Kita-Betreu­ung als Fun­da­ment der Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf spa­ren zu wol­len. Der Vor­schlag der AfD sei daher nicht nur ein gesell­schafts­po­li­ti­scher, son­dern auch ein fami­li­en- und wirt­schafts­po­li­ti­scher Amoklauf.“

Der LEA ver­traut dar­auf, dass Land und Kom­mu­nen gute Lösun­gen für den Fach­kräf­te­man­gel in Kitas lie­fern. Die Poli­tik nimmt sich jedoch in der der­zei­ti­gen Kita-Betreu­ungs­kri­se selbst die Glaub­wür­dig­keit, wenn sie stän­dig mit dem Fin­ger auf ande­re zeigt. „Wir sind die­se ewi­gen Schuld­zu­wei­sun­gen leid. Uns inter­es­siert, wer Teil der Lösung sein will!“, so Graeff.

Schaut man genau­er auf die Bedarfs­pla­nung in den Kom­mu­nen und deren Umset­zung in den ver­gan­ge­nen Jah­ren, so erken­ne man vie­ler­orts, dass es die Pla­nung vor Ort war, die für feh­len­de Kita-Plät­ze und schlech­te Arbeits­be­din­gun­gen ver­ant­wort­lich ist. Die Ver­pflich­tung der Kom­mu­nen ein bedarfs­ge­rech­tes Kita-Ange­bot auf Grund­la­ge des Wunsch- und Wahl­rechts der Eltern vor­zu­hal­ten, sei näm­lich schon sehr viel älter als das neue KiTa-Gesetz. „Wir Eltern haben ein Inter­es­se dar­an, dass jeder sich an die eige­ne Nase fasst und ernst­haft schaut, was er jetzt tun kann, um zu helfen.

Der LEA RLP hat mit sei­nem Kon­zept für ein Akti­ons­fo­rum gegen den Kita-Fach­kräf­te­man­gel vor­ge­legt. „Wir Ehren­amt­ler haben gelie­fert. Jetzt muss bit­te auch die haupt­amt­li­che Poli­tik da ein­stei­gen und eine Lösung vor­an­brin­gen. Mit­ein­an­der nicht gegen­ein­an­der“, beschreibt LEA-Vor­sit­zen­de Graeff die Erwar­tun­gen der Familien.

LEA weist AfD-For­de­rung nach „Herd­prä­mie“ scharf zurück — LEA (lea-rlp.de)

Kreiselternausschuss SÜW kritisiert ablehnende Haltung gegenüber Kita-Ausbau in Gossersweiler-Stein

Im Arti­kel „Über­schul­dung wegen Kita befürch­tet“ („Die Rhein­pfalz“ vom 28.6.2022) wird dar­über berich­tet, dass sich die Orts­ge­mein­den Gos­sers­wei­ler-Stein und Völ­kers­wei­ler die Fra­ge stel­len, ob das Kita-Zukunfts­ge­setz umge­setzt wer­den müs­se. Der Kreis­eltern­aus­schuss Süd­li­che Wein­stra­ße kri­ti­siert die­se Hal­tung ausdrücklich.

Das Wort „Kin­der­ta­ges­stät­ten-Zukunfts­ge­setz“ beinhal­tet gleich meh­re­re Aspek­te, die in der Mei­nungs­bil­dung der ört­li­chen Gre­mi­en offen­sicht­lich kei­ne aus­rei­chen­de Berück­sich­ti­gung fanden.

Die ers­ten bei­den Aspek­te sind untrenn­bar mit­ein­an­der ver­bun­den: Kin­der und Zukunft. Jede Inves­ti­ti­on in die nach­fol­gen­de Gene­ra­ti­on ist auch gleich­zei­tig eine Inves­ti­ti­on in die Zukunft der Gesell­schaft, in die Zukunft einer Gemein­de. Jun­gen Leu­ten eine Hei­mat bie­ten, sei das Anlie­gen der Ort­schaf­ten. Auch hin­sicht­lich man­geln­der Bau­plät­ze kein ein­fa­ches Unter­fan­gen. Mit jun­gen Leu­ten kom­men Kin­der ins Dorf. Was aber bie­ten die Gemein­den den jun­gen Eltern, die bei­de berufs­tä­tig sind und kei­ne Groß­el­tern als Ersatz für den Rechts­an­spruch im Ort haben? Wo sol­len Kin­der betreut wer­den, wenn bei aktu­el­lem Vor­ha­ben von den momen­tan mög­li­chen 90 Plät­zen noch 55 übrig­blei­ben wer­den? Nichts ande­res bedeu­tet näm­lich die Aus­sa­ge, das Lan­des­ju­gend­amt wer­de nur noch für die Anzahl an Kin­dern eine Betriebs­er­laub­nis ertei­len, für die eine Betreu­ung über Mit­tag samt einer Ver­pfle­gung gewähr­leis­tet ist. Wie zukunfts­träch­tig ist eine Poli­tik, die die Beleuch­tung eines Fahr­rad­we­ges höher prio­ri­siert als eine für Kin­der und Fami­li­en zukunfts­fä­hi­ge Kin­der­ta­ges­stät­te? Auch vie­le ande­re Gemein­den im Land­kreis sind länd­lich geprägt. Genau genom­men sind rund zwei Drit­tel der Kitas im Land­kreis klei­ner als die in Gos­sers­wei­ler-Stein. Vie­le die­ser klei­nen Gemein­den ste­cken in ähn­li­cher Situa­ti­on, nicht alle ver­fü­gen über­haupt über ein ein­nah­men­brin­gen­des Gewer­be­ge­biet. Den­noch gibt es zahl­rei­che Bei­spie­le, in denen die Ver­ant­wort­li­chen die Not­wen­dig­keit des Kita-Aus­baus erkannt haben, eini­ge weni­ge sogar schon 2019, als das neue Kita-Gesetz ver­ab­schie­det wur­de. Und ja, vie­le Kin­der wer­den durch ihre Groß­el­tern betreut. Hier­bei stellt sich jedoch die Fra­ge, in wie vie­len Fäl­len dies Wunsch der Eltern und Groß­el­tern ist und in wie vie­len Fäl­len es schlicht eine Not­wen­dig­keit ist, um Beruf und Fami­lie mit­ein­an­der ver­ein­ba­ren zu kön­nen. Nicht die Groß­el­tern sind in der Pflicht, die Betreu­ung der Kin­der zu gewähr­leis­ten, son­dern die Kom­mu­nen. Ein „inter­ne Umfra­ge“, wie auch immer die­se gestal­tet war, kann nie­mals ein geeig­ne­tes Instru­ment zur Ermitt­lung der zukünf­ti­gen Betreu­ungs­be­dar­fe sein. Sie bie­tet ledig­lich eine Moment­auf­nah­me. Auch wenn die­se Umfra­ge zeigt, dass die Anzahl der rechts­an­spruchs­er­fül­len­den Plät­ze momen­tan aus­rei­chend ist, kann sich dies jeder­zeit ändern. In Anbe­tracht der aktu­el­len Ent­wick­lun­gen wird ein erhöh­ter Betreu­ungs­be­darf schnel­ler ent­ste­hen, als allen Betei­lig­ten lieb sein dürf­te. Stei­gen­de Lebens­hal­tungs­kos­ten müs­sen vie­le Eltern jetzt schon durch Erhö­hung der Arbeits­zeit kom­pen­sie­ren. Betrof­fen davon sind haupt­säch­lich die Müt­ter, die in Teil­zeit arbei­ten und nun ihre Stun­den­an­zahl auf­sto­cken. Dies wird zwangs­läu­fig zu einer höhe­ren Nach­fra­ge an Ganz­ta­ges­plät­zen führen.

Den drit­ten Aspekt stellt das Gesetz dar. Die­se Fra­ge ist deut­lich ein­fa­cher zu beant­wor­ten als die Fra­ge nach der Not­wen­dig­keit einer zukunfts­fä­hi­gen Kin­der­ta­ges­stät­te und deren Rol­le in der Ent­wick­lung klei­ner, länd­li­cher Gemein­den: „Muss das Gesetz umge­setzt wer­den?“ Defi­ni­tiv ja, denn schließ­lich sind Geset­ze genau dafür da und sie gel­ten auch für jeden gleichermaßen.


Die Online-Ver­si­on des Arti­kels „Über­schul­dung wegen Kita befürch­tet“ („Die Rhein­pfalz“ vom 28.6.2022) ist unter ande­rem Titel hier zu finden:

Orts­chefs sehen kei­nen Bedarf, das Kita-Gesetz umzu­set­zen — Gos­sers­wei­ler-Stein/­Völ­kers­wei­ler — DIE RHEINPFALZ

Rückblick: Infoveranstaltung zum Thema “Bedarfsgerechter Kita-Platz”

Am 21. Juni ver­an­stal­te­te der Kreis­eltern­aus­schuss Süd­li­che Wein­stra­ße (KEA SÜW) einen Online-Info­abend zum The­ma „Bedarfs­ge­rech­ter Kita-Platz“. Der Ver­an­stal­tung vor­aus­ge­gan­gen war eine Eltern-Umfra­ge zur Betreu­ungs­si­tua­ti­on der Kin­der in SÜW, deren Ergeb­nis­se an die­sem Abend auch vor­ge­stellt wur­den. An der zwei­ein­halb­stün­di­gen Ver­an­stal­tung nah­men unter ande­rem auch Eltern­ver­tre­ter der Lan­des- und Bun­des­ebe­ne teil. Chris­ti­an Stre­cker (Vor­sit­zen­der KEA SÜW) stell­te die Ergeb­nis­se der Umfra­ge vor. Die Refe­ren­tin Karin Graeff (Vor­sit­zen­de des Lan­des­el­tern­aus­schus­ses RLP) erläu­ter­te dann anhand der kon­kre­ten Bei­spie­le, wie die indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se der Fami­li­en ermit­telt wer­den und in die Bedarfs­pla­nung ein­flie­ßen. Ein Vier­tel der über 430Teilnehmer hat­te bei der Umfra­ge ange­ge­ben, dass die aktu­el­le Betreu­ungs­si­tua­ti­on nicht ihren tat­säch­li­chen Bedarf abdeckt. „Es gibt eini­ge Fak­to­ren, die in Sum­me zu so einem hohen Anteil füh­ren kön­nen. Hier­zu zäh­len neben der oft­mals miss­in­ter­pre­tier­ten soge­nann­ten „18er-Regel“, die dadurch weg­fal­len­de Betreu­ung in den Rand­zei­ten, der unzu­rei­chen­de Aus­bau der Ganz­ta­ges­plät­ze aber auch der momen­tan aku­te Fach­kräf­te­man­gel“ so Karin Graeff. Die­se Umstän­de zwän­gen die Ver­ant­wort­li­chen in einen Zustand der Man­gel­ver­wal­tung. Chris­ti­an Stre­cker ergänzt, es sei auch ent­schei­dend, dass die Bedar­fe der Eltern dem Jugend­amt vor­lä­gen. Das Jugend­amt SÜW füh­re eine sehr umfang­rei­che und umfas­sen­de Bedarfs­er­mitt­lung durch. Es wür­den bei­spiels­wei­se alle Eltern der Kita-Kin­der über die jewei­li­gen Ein­rich­tun­gen zu ihrem indi­vi­du­el­len Betreu­ungs­be­darf befragt. Dies sei nicht selbst­ver­ständ­lich, wie Bei­spie­le aus ande­ren Land­krei­sen zeig­ten. Berück­sich­ti­gung könn­ten nur Bedar­fe fin­den, die auch bekannt sei­en. Daher sei auch ins­be­son­de­re Eltern, die einen Betreu­ungs­be­darf für Ein­jäh­ri­ge (U2-Kin­der) hät­ten, ange­ra­ten ihren Bedarf gegen­über dem Jugend­amt trans­pa­rent zu machen.

Eine wei­te­re Erkennt­nis der Umfra­ge ist, dass die Par­ti­zi­pa­ti­on der Eltern am gesam­ten Pro­zess der Bedarfs­pla­nung noch aus­bau­fä­hig ist. „Im Ide­al­fall wer­den die Eltern und Eltern­ver­tre­ter schon in die Defi­ni­ti­on des Bedarfs­er­mitt­lungs­ver­fah­rens ein­be­zo­gen. Dies ist begrün­det durch das Anhö­rungs­recht und auch im Sin­ne des Gedan­kens der Ver­ant­wor­tungs­ge­mein­schaft.“ beton­te Karin Graeff. Auch an die­ser Stel­le sei der Land­kreis SÜW ein posi­ti­ves Bei­spiel. „Das Jugend­amt begrüßt aus­drück­lich, dass ein Ver­tre­ter des Eltern­aus­schus­ses an den Bedarfs­pla­nungs­ge­sprä­chen, die mit jeder Kita ein­zeln durch­ge­führt wer­den, teil­neh­men darf. Lei­der ist die­se Infor­ma­ti­on offen­sicht­lich nicht zu allen Eltern­aus­schüs­sen vor­ge­drun­gen.“, so Chris­ti­an Stre­cker. Reprä­sen­ta­tiv sei die Umfra­ge nicht, aller­dings kön­ne man durch die vie­len Rück­mel­dun­gen doch schon ein gro­bes Stim­mungs­bild ablei­ten. Und die­ses zei­ge, dass an eini­gen Stel­len des Kita-Sys­tems noch Hand­lungs­be­darf für die Ver­ant­wor­tungs­ge­mein­schaft aus Eltern, Kita und Trä­gern besteht – auf ört­li­cher als auch auf über­ört­li­cher Ebene.