STELLUNGNAHME DES LEA ZUM KITA-GESETZESENTWURF DER CDU

Bereits im Entstehungsprozess des neuen rheinlandpfälzischen KiTa-Gesetzes gab es von verschiedenen Seiten Kritik an der Novellierung des Kita-Systems. In den vergangenen dreieinhalb Jahren musste sich das neue Gesetz in der Praxis beweisen und förderte positive und negative Aspekte der Kita-Landschaft zu Tage. Seit Einführung des neuen Gesetzes hat sich die Situation in den Kitas dramatisch verschlechtert, so die Aussage vieler Fachkräfte und Träger. Hierbei wird allerdings oft außer Acht gelassen, dass in dieser Zeit auch nie da gewesene gesamtgesellschaftliche Geschehnisse eintraten und vielerorts Möglichkeiten des Kita-Gesetzes liegen gelassen werden.

Auf Basis dieser Erfahrungen wurde Ende 2024 ein Änderungsantrag in den Landtag eingebracht. Die Beratung hierüber im Bildungsausschuss fand nun Mitte Januar statt. Unter anderem wurde in diesem Rahmen auch der Landeselternausschuss (LEA) angehört.

Wir möchten hier für interessierte Eltern eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte sowie die jeweilige Position des Landeselternausschusses (LEA) darstellen.

Bitte beachten: Es handelt sich hierbei um eine verkürzte Fassung. Links zu den ausführlichen Stellungnahmen sind am Ende des Beitrages zu finden.

Allgemein

Der Landeselternausschuss (LEA) unterstütz den den Gesetzesentwurf der CDU-Fraktion in einzelnen Punkten. In anderen, zentralen Punkten geht er nach Überzeugung des LEA nicht in die richtige Richtung.
An zahlreichen Stellen im Gesetzentwurf würden nicht belegte Behauptungen als Fakten dargestellt. Entgegen der Formulierung im Gesetzesentwurf sei die Erfahrung des LEA, dass die Anforderungen des KiTa-Gesetz grundsätzlich umsetzbar seien, wenn Träger und Jugendämter ihre Verantwortung wahr nähmen. Das 2021 eingeführte KiTa-Gesetz habe vielmehr dazu geführt, dass Versäumnisse aus der Vergangenheit transparent wurden, als dass es neue Missstände geschaffen habe.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass die im Gesetzesentwurf vorzufindende Dramatisierung und Skandalisierung der Situation Verantwortlichkeiten verschleiere, eigenverantwortliche Lösungen in der Fläche erschwere und die Attraktivität des Arbeitsfeldes Kita verringere.

Ziel der Gesetzesänderung

In der Begründung der Gesetzesänderung wird angeführt, dass diese zuerst auf die Beschäftigten und Träger abziele. Dieser Eindruck bestätige sich aus Sicht des LEA, auch wenn im Verlauf des Entwurfs angeblich die Kinder im Mittelpunkt stünden. Aufgrund der im Entwurf vorgesehenen Schwächung des Kita-Beirats sowie der Absenkung der Betreuungsqualität als Folge eines aufgeweichten Personalschlüssels, stellt der LEA dieses Ansinnen in Zweifel.

Verantwortung der Kita-Träger

Die Verantwortung der Träger werde im Gesetzesentwurf nicht klar gesehen. Tatsächlich tragen Kita-Träger die Gesamtverantwortung. Der LEA fordert klare Regelungen, welche Aufgaben an die Kita-Leitung delegiert werden können sowie eine verbindliche Mindesstandards für die Trägerqualifizierung.

Verantwortung der Jugendämter

Die örtlichen Jugendämter tragen die Gesamtverantwortung, auch für die Qualität der mit ihnen zusammenarbeitenden Kita-Träger. Dieser Aspekt werde im Gesetzentwurf zu wenig berücksichtigt. Dem LEA ist es wichtig, dass die flexiblen Ausgestaltungsmöglichkeiten vor Ort erhalten bleiben. Die Nutzung dieser Möglichkeiten solle von den Jugendämtern eingefordert werden.
Der Erfahrung des LEA zufolge zeige sich, dass die Jugendämter ihrer Verantwortung sehr unterschiedlich gut nachkämen. Während an einigen Stellen eine engagierte Arbeit mit
großem Gestaltungsanspruch und flexiblen Problemlösungskonzepten vorherrsche,
drücken Jugendämter an anderer Stelle eigene Verantwortung an die Träger in ihrem
Bereich ab und ignorieren eigene Gestaltungs- und Kontrollaufgaben.

Fachkraft-Kind-Relation

Die Fachkraft-Kind-Relation sollte laut LEA mittelfristig kontinuierlich weiter verbessert und immer mehr der Empfehlung der Wissenschaft angenähert werden. Eine kurzfristige Anhebung der Personalbemessung hätte aber das Gegenteil von mehr Betreuungssicherheit zur Folge: Aufgrund der dann noch häufiger vorkommenden rechnerischen Personalunterschreitungen würden diese zunehmen. Die vorgesehene Maßnahme des Gesetzesentwurf zur Gegensteuerung, die Aufweichung der Fachkraft-Kind-Relation, lehnt der LEA mit Blick sowohl auf die Aufsichtspflicht und Sicherheit für die Kinder als auch für die Arbeitsbedingungen im Berufsfeld als Grundlage der Gewinnung neuer Fachkräfte als absolut unverantwortlich ab.
Grundsätzlich spricht sich der LEA seit Jahren für eine verbindliche Anhebung der Personalquoten aus, welche allerdings perspektivisch, z.B. bis 2028 umgesetzt werden sollte.
Den im Gesetzesentwurf vorgesehenen Ausbau der Aus- und Weiterbildung wird vom LEA begrüßt.
Zusätzlich solle die Verbindlichkeit erhöht werden alle, schon bestehenden Mittel zu
nutzen, die Fachkraft-Kind-Relation zu verbessern. Optimierungsbedürftig seien an dieser Stelle die Kontroll- und Korrektur-Möglichkeiten des Systems. Es sei unverständlich, dass die Lösungen des Aktionsforums für Fachkräftesicherung und -Gewinnung von vielen Trägern und manchen Jugendämtern immer noch nicht ausreichend umgesetzt würden. Das schließt das Vorhalten von ausreichend Vertretungskräften ein, um Ausfälle unmittelbar kompensieren zu können. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Ermöglichung einer Personalüberschreitung von 10% pro Einrichtung sei daher zu unterstützen.
Die Vorschläge des Gesetzesentwurf, alles zur Erteilung der Betriebserlaubnis relevante Personal zur Personalausstattung zu zählen und die Deputate für Leitungstätigkeit zu erhöhen, wird vom LEA unterstützt.

Kern- und Randzeiten

Die Einteilung der Betreuungszeiten in eine Kernzeit von sieben Stunden mit Fokus auf
Bildung und Randzeiten, die alles umfassen was darüber hinausgeht mit Fokus auf Betreuung, lehnt der LEA ab. Dies bedeute eine tägliche Absenkung des Qualitätsniveaus und eine gezielte Benachteiligung für Kinder, die außerhalb der Kernzeiten betreut werden. Die Behauptung im Gesetzesentwurf, dies sei eine wesentliche Forderung der Elternschaft, weist der LEA ausdrücklich zurück.
Die gesetzliche Verankerung einer Abweichung von der Fachkräftevereinbarung in Krankheitsfällen und bei Mutterschutz lehnt der LEA ab. Es sei zielführender, wenn der schon jetzt mögliche Einsatz von Vertretungskräften in diesen Fällen verbindlich vorgeschrieben würde.

Kita-Beirat

Die Änderungen für §7 KiTaG lehnt der LEA rundweg ab. Die Einschränkung, dass ein Kita-Beirat nur auf Verlangen des Elternausschusses einzurichten sei, schwächt dieses
wichtige Gremium enorm. Der Kita-Beirat sei kein Gremium der institutionellen Elternvertretung. Er sei vielmehr das Forum, in dem die Verantwortungsgemeinschaft die Kita gestaltet. Ein demokratisches Gremium, das nicht mit Leben gefüllt wird, solle deswegen nicht wieder abgeschafft bzw. geschwächt werden. Was geändert werden solle ist, dass wesentliche Entscheidungen künftig nicht mehr einfach vom Kita-Träger getroffen werden dürfen, ohne dass sie zuvor durch den Kita-Beirat gegangen sind. Leider gäbe es noch zu viele Kitas in RLP, in denen die Rechtslage im Mitbestimmungsbereich durch Träger und/oder Leitung vorsätzlich verletzt und Mitbestimmungsrechte vereitelt würden.

Bildungsaspekt

Die im Gesetzentwurf aufgeführte Förderung von motorischen, sprachlichen, sozialen, künstlerischen und musischen Fähigkeiten in Kitas sei auf jeden Fall im Sinne einer ganzheitlichen Entwicklung. Die Kinder sollen dabei aber entsprechend ihrer Fähigkeiten und Interessen gefördert werden. Es dürfe nicht um ein von Erwachsenen gesteuertes
„Trainieren“ gehen.
Der Bildungsaspekt der Kitas solle – anders als in der Gesetzesbegründung formuliert – keinesfalls in der verbindlichen Vorbereitung auf die Grundschule umgesetzt werden. Ziel solle es weiterhin sein, den Kindern gleiche Entwicklungs- und Bildungschancen zu bieten. Die Kitas haben sich auf diesem Gebiet in den letzten Jahren erfreulicherweise deutlich weiterentwickelt. Der LEA warnt dringend vor einem Rückschritt durch eine Verschulung der Kitas.
Die Aufwertung der Bildungs- und Erziehungsempfehlungen durch die explizite Benennung in §4 Abs. 1 begrüßt der LEA.

Teilzeit- und Splittingplätze

Das Teilen oder Splitten von Kita-Plätzen ist aus einem guten Grund nicht (mehr) möglich. Aufgrund der Möglichkeit einen Kita-Platz mit mehreren Kindern zu belegen, wurde der notwendige Kita-Ausbau in der Vergangenheit nicht im erforderlichen Maß vorangetrieben. Splitting-Plätze sollte es langfristig nicht geben. Der LEA sieht nicht, wie durch Teilzeit- und Splittingplätze das verfassungsrechtlich garantierte Erziehungsrecht der Eltern gestärkt werden solle, wie es in der Gesetzesbegründung angeführt wird. Es mache mehr Sinn, ausreichend bedarfsgerechte Plätze zu schaffen und diese auch voll zu personalisieren. Dass in einer Betreuungskohorte nicht alle Plätze in ihrem zeitlich geplanten Umfang voll ausgeschöpft werden, sei in der Gesetzessystematik ausdrücklich vorgesehen – dies sei ein geplanter Qualitätspuffer.

Sprachförderkräfte

Grundsätzlich teilt der LEA die Auffassung, dass Sprachbildung und Sprachförderung sehr wichtig sind und eine zentrale Rolle in den Kitas einnehmen sollten. Die alltagsintegrierte Sprachbildung ist nach wie vor sinnvoll und sollte in allen Kitas gelebt werden. Zusätzliche Sprachförderkräfte, die eine Kita – wie im Gesetzentwurf gefordert – bei Bedarf unterstützen, befürwortet der LEA

Pilotprojekte

Die Möglichkeit in Kitas neue Wege auszuprobieren hält der LEA für sinnvoll. Dazu gäbe es auch jetzt schon zahlreiche Möglichkeiten. Eine zusätzlich finanzielle Förderung von Pilotprojekten – wie im Gesetzentwurf gefordert – sei sicherlich ein gutes Signal und schaffe hoffentlich die notwendigen Anreize. Auch die geforderte Möglichkeit, die Förderung durch Drittmittel zu ergänzen, sei zu begrüßen.

Baukosten

Eine Ausweitung der Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz an den Bau- und Sanierungskosten gehört schon lange zu den Forderungen des LEA – somit unterstützt er diesen Aspekt des Gesetzesentwurfs. Der Ausbau- und Sanierungsstau habe inzwischen ein Ausmaß erreicht, dass jede Unterstützung dringend notwendig hat. Dabei sei allerdings auch klar zu betonen, dass dieser Stau nicht vom Himmel gefallen ist.
Klar sei jedoch, dass die Gewährleistung ausreichender Kita-Plätze und die dazugehörigen Aufgaben – auch die baulichen Aufgaben – in erster Linie kommunale Pflichtaufgaben seien. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass Verzögerungen hier durch fehlende Landesförderung verursacht wären – diese seien ausschließlich von den Kommunen zu verantworten.

Mittagessen

Die Ausgestaltung des Mittagessens solle weiterhin bedarfsgerecht erfolgen können. Daher die bisherige „Soll-Formulierung“ in §14 Abs. 1. Die im Gesetzentwurf geforderte „Muss-Formulierung“ würde eine Verpflichtung bedeuten, selbst wenn der Bedarf vor Ort ein anderer sein sollte. Die dahingehende Forderung des Gesetzentwurfs lehnt der LEA daher ab.
In der Gesetzesbegründung würde zurecht aufgeführt, dass die Verrichtung hauswirtschaftlicher Tätigkeiten eine (unnötige) Belastung für das pädagogische Personal darstelle Abhilfe sei hier aber nicht durch das Verbot gemeinsamer Mahlzeiten in den Gruppenräumen zu schaffen. Hier würde eine Verpflichtung Sinn ergeben, diese Tätigkeiten von Hauswirtschaftskräften durchführen zu lassen.

Kindertagespflege

Der LEA hält Kindertagespflege für eine wichtige Säule in der Kinderbetreuung. Zudem sei ihm wichtig, dass Familien die Wahlmöglichkeit entsprechend ihren Bedarfen haben. Es bestünden klare Unterschiede zwischen Kita und Kindertagespflege. Die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu fördern sowie die Erziehung und Bildung in der Familie zu unterstützen und zu ergänzen – wie es der Gesetzesentwurf aufgenommen hat – gehört bisher nicht zu den gesetzlich festgelegten Aufgaben der Kindertagespflege. Falls sich das ändern sollte, müssten nach Ansicht des LEA auch die Qualifizierungen angepasst werden. Zudem sei es auch nicht die Aufgabe der Tagespflege die jüngsten Kinder auf die Betreuung in einer Kita vorzubereiten, wie es in der Gesetzesbegründung hieße.
Wie wertvoll Kindertagespflege ist, sollten die Familien selbst entscheiden können. So etwas sollte nicht gesetzlich festgelegt werden – was im Gesetzentwurf jedoch der Fall
sei.

Finanzierung

Grundsätzlich begrüßt es der LEA, wenn deutlich mehr Gelder in die Qualität und Quantität der Kita-Betreuung fließen. Dies sei ein wichtiges Signal und zudem erforderlich, um den Bedarfen der Familien gerecht werden zu können.
Dabei ist es aber zentral wichtig, dass die dafür notwendigen Mittel auf keinen Fall über eine Wiedereinführung von Kita-Beiträgen aufgebracht werden dürfen. Der LEA lehnt jegliche Schritte in diese für Familien und Kinder fatale Richtung ab.
Ein wesentlicher Schwachpunkt des Gesetzesentwurf sei, dass keine Aussagen über die Finanzierung der durch die Gesetzesänderung entstehenden Mehrkosten auf Landesebene getroffen seien. Der LEA sieht auch den Bund in der Verantwortung, sich stärker und nachhaltiger in der Kita-Finanzierung zu engagieren.

Den Gesetzesentwurf sowie die weiteren Stellungsnahmen dazu sind im parlamentarischen Informationssystem des Landes zu finden:
https://opal.rlp.de/portala/vorgang/V-324989